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Deutschlands Bevölkerung schrumpft und altert
Wer pflegt 2,9 Millionen Menschen im Jahr 2020?

Und übrig bleiben nur die Alten? Was seit einigen Jahren als Horrorvision des demografischen Wandels durch Deutschland geistert, ist im Osten des Landes teilweise schon Realität. Seit der Wende 1989 schrumpfte in einigen Kreisen die Bevölkerung um zehn Prozent; vor allem junge Menschen verließen auf der Suche nach Arbeit ihre Heimat. Bis zum Jahr 2050 würde sich die Bevölkerung nochmals halbieren, wenn diese Westwanderung anhält. Hinzu kommt ein radikaler Geburteneinbruch von ungefähr 50 Prozent nach 1990. Eine solche Entwicklung ist zwar für den Westen nicht zu erwarten, und dennoch dient das Beispiel als Warnung für das ganze Land.

Wer übernimmt die Pflege und Betreuung einer großen Mehrheit alter Menschen, der nur eine Minderheit junger gegenübersteht? Das wird spätestens im Jahr 2030 der Fall sein. Wer finanziert die Renten der heute 30jährigen? Noch sind die Sozialsysteme nicht sehr gut auf eine alte Gesellschaft vorbereitet.

Der Alterungsprozess, in dem sich die Bundesrepublik seit über 30 Jahren befindet, lässt sich mit demografischen Mitteln erst einmal nicht aufhalten. Er hat mittlerweile eine solche Eigendynamik entwickelt, dass selbst ein plötzlicher Babyboom die zu erwartende alte Gesellschaft in 30 bis 50 Jahren nicht verhindern könnte. Würden mehr kinder geboren oder mehr Zuwanderung stattfinden, könnte die Entwicklung zwar verlangsamt aber nicht zum Stillstand gebracht oder sogar umgedreht werden. Auch bietet die Zuwanderung kein Allheilmittel. Zwar wäre der Erhalt der Bevölkerungszahlen noch relativ leicht zu erreichen; dafür müssten jährlich etwa 320.000 Menschen mehr nach Deutschland kommen als sie verlassen. Für ein gesundes Verhältnis zwischen Erwerbsfähigen und Rentnern wäre allerdings ein Wanderungsgewinn von jährlich 3,4 Millionen Menschen nötig. Bis 2050 wären dies insgesamt 188 Millionen; die Bevölkerung würde dann auf 300 Millionen ansteigen. Solche Zahlenspiele demonstrieren, wie unrealistisch eine solche Perspektive ist.

Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung weist deshalb in seiner Bevölkerungsstudie 2004 darauf hin, „dass gesellschaftliche Antworten auf die Konsequenzen dieses Alterungsprozesses in erster Linie dort zu suchen sind, wo sie entstehen, nämlich in den sozialen Sicherungssystemen“.

Heute bekommen Frauen in Deutschland durchschnittlich 1,37 Kinder, eine Zahl, die bei weitem nicht ausreicht, um die Bevölkerungszahlen stabil zu halten. Dafür wären 2,1 Kinder nötig. Die Bevölkerung Deutschlands wird deshalb nicht nur älter, sie schrumpft gleichzeitig. Experten sprechen davon, dass sich die Zahl von gegenwärtig über 80 Millionen auf in Zukunft 67 Millionen verringern könnte. Interessant in diesem Zusammenhang ist der deutliche Anstieg der Kinderlosigkeit, obwohl sich eine große Mehrheit der Kinderlosen durchaus Kinder wünscht. Von den Frauen des Geburtsjahrgangs 1935 blieben nur 6,7 Prozent kinderlos, wohingegen deren Anteil im Jahrgang 1967 schon auf 28,6 Prozent anstieg. Als Ursache dafür gelten zum einen das Problem vieler Frauen, sich zwischen Kindern und Karriere entscheiden zu müssen; Akademikerinnen bleiben heute schon zu 40 Prozent kinderlos. Zum anderen zählen vor allem Paare dazu, die über ein relativ geringes Einkommen verfügen und ihren Lebensstandard nicht durch Kinder einschränken möchten.

Neben der geringen Geburtenrate bedingt jedoch noch ein anderes Phänomen den Alterungsprozess unserer Gesellschaft: die steigende Lebenserwartung der Menschen. Heute neugeborene Mädchen können mit einer Lebenserwartung von 80,8 Jahren rechnen, Jungen können erwarten, im Durchschnitt 74,8 Jahre zu leben. Bis zum Jahr 2050 wird sich nach Prognosen die Lebenserwartung bei Frauen auf 86,6 und bei Männern auf 81,1 erhöhen. Der Anteil der über 65jährigen in der Gesellschaft wird sich dann von 16,7 Prozent im Jahr 2000 auf 30 Prozent erhöht haben; ebenfalls steigt die Zahl der Hochbetagten (80 Jahre und älter) von heute vier Prozent (3,2 Millionen) auf zwölf Prozent (9,1 Millionen).Es braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, was das für die Pflegesysteme der Bundesrepublik bedeutet. Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW) zufolge dürfte die Zahl der Pflegebedürftigen Menschen bis 2020 auf 2,9 Millionen steigen. Bezogen auf die Zahlen von 1999, bedeutet dies eine Steigerung von ca. 50 Prozent. Bis 2050 rechnen die Experten dann noch einmal mit einem Anstieg von 1,8 Millionen. Zwar leben derzeit nur 7 Prozent der älteren Menschen in Heimen oder speziellen Altenwohnungen. Es wird aber davon ausgegangen, dass bis 2020 die Zahl der Heimbewohner um 57 und die der ambulanten Pflegefälle um 50 Prozent ansteigt. Allein im stationären Bereich wird die Zahl der Heimbewohner bis 2020 auf 330.000 und bis 2050 noch einmal um weitere 570.000 zunehmen.Doch sollten diese Zahlen nicht nur unter dem Risikofaktor gesehen werden, denn sie eröffnen auch neue Beschäftigungschancen für Pflegeberufe in erheblichem Ausmaß. Bis zu einer halben Million Arbeitsplätze können bis 2050 in diesem Bereich entstehen.

Andreas Markurth

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Text: SPD-OV Ricklingen, A.Markurth
Übernommen aus "Ricklinger Kreisel" Nr. 106 - März 2005
Hettwer/Nöthel 2004